Ein Feuerwerk der Innovationen für Praxis und Labor: In der Zahnheilkunde sind die Chancen aktueller Technologien sehr konkret, sehr greifbar, wie die Internationale Dental-Schau 2017 (IDS) in Köln gezeigt hat. So erlebten die Besucher wesentliche Ergänzungen etablierter digitaler Workflows – von bildgebenden Verfahren bis zum 3D-Druck. Daneben warteten die ausstellenden Unternehmen ebenso mit Innovationen für traditionelle Arbeitsweisen in Labor und Praxis auf. Wie werden die Arbeitswelten in Praxis und Labor morgen aussehen und wie können Zahnarzt und Zahntechniker die heute bereits sichtbaren Chancen jetzt ergreifen? Dies betrifft allen voran die digitalen Verfahren. In der Implantologie haben sie durch eine optimierte Planung bereits maßgeblich dazu beigetragen, das Heilungspotenzial des Körpers maximal auszuschöpfen. Nun gilt die Implantologie seit langem als Paradedisziplin für den Einsatz digitaler Technologien. Wie weit diese in die Breite der Zahnheilkunde vorgedrungen sind, zeigt sich auf einem Gebiet, das so mancher zunächst für ein eher schwieriges Terrain gehalten hatte: die Kieferorthopädie. Mit virtuellen Modellen lassen sich hier nicht nur diagnostische Fragestellungen bearbeiten und ein virtuelles Setup erstellen, sondern auch zunehmend kieferorthopädische Apparaturen planen, wie zum Beispiel festsitzende Apparaturen. Selbst die größte kieferorthopädische Herausforderung für die digitale Technik rückt zunehmend in den Focus: herausnehmbare Geräte wie Dehnplatten, Aktivatoren etc. Ein in der Kieferorthopädie wie in anderen Disziplinen bereits eingesetztes Fertigungsverfahren stellt der 3D-Druck dar – mit großem Zukunftspotential. Neben Bohrschablonen dürften verschiedene Schienen, zahntechnische Modelle, individuelle Abformlöffel und Kunststoff-Gießgerüste für den Metallguss die häufigsten Indikationen darstellen. Generell spielt in allen Bereichen der Zahnheilkunde die Schnelligkeit eine immer größere Rolle. Patienten möchten zum Beispiel eine prothetische Behandlung möglichst in einer einzigen Sitzung oder zumindest am selben Tag abgeschlossen wissen. Digitale Technologien machen dies häufiger als bisher möglich. Praxis und Labor fahren höheres Tempo Die Steigerung der Geschwindigkeit erfolgt über eine reine Chairside-Therapie oder über eine Beschleunigung der Arbeitsabläufe über die Gesamt-Prozesskette in Praxis und Labor hinweg, von A wie Abformung bis Z wie Zahnersatz. Auf jeder Stufe ergeben sich nun attraktive Optimierungschancen. Das beginnt mit der digitalen Abformung. Eine ganze Reihe neuer Intraoralscanner bereicherten auf der IDS das bestehende Angebot. Manche lassen sich einfach von einem Behandlungszimmer ins nächste mitnehmen, fast so komfortabel und unauffällig wie ein Kugelschreiber in der Kitteltasche. Die Anbindung ans Tablet erleichtert darüber hinaus die Patientenkommunikation. Andere Intraoralscanner sind für hohen Patientenkomfort bewusst klein dimensioniert und schöpfen dennoch die Möglichkeiten einer Sprach- und Bewegungssteuerung aus. Eine prothetische Restauration kann anschließend immer häufiger direkt in der Praxis erfolgen. Einen Meilenstein stellt dabei die Herstellung von Brücken aus dem Werkstoff Zirkonoxid dar, womit der Zahnarzt nun über Einzelzahnrestauration hinausgehen kann. Auch ist Zahnersatz, der in der Praxis im DLP-Verfahren („Digital Light Projection“) aus Kunststoff gedruckt wird, in greifbare Nähe gerückt. Bei der klassischen Fertigung im zahntechnischen Labor kommt es zu einer enormen Beschleunigung der Prozesse. Gleichzeitig intensiviert sich die Kommunikation, rücken Zahnarzt und Zahntechniker enger zusammen. Die Technik im Labor hilft dabei, zum Beispiel ein neues Dentalmikroskop mit 3D-Modus. Es eignet sich über die Qualitätskontrolle hinaus zum direkten Austausch digitaler Bilder mit der Praxis (Screenshots, Videos, Split-screen-Funktion). Außerdem sorgt es für eine stets entspannte, ergonomische Körperhaltung. Doch auch die Produktionsschritte selbst kommen auf immer mehr Tempo. Beispielsweise verspricht die Führung der Instrumente auf kurvenförmigen Bahnen bei der Bearbeitung von Glas- und Hybridkeramiken eine große Zeitersparnis im Vergleich zum herkömmlichem Fräsen oder Schleifen. Und eine mit Polymer infiltrierte Feinstruktur-Feldspatkeramik bietet jetzt einen inneren Farbverlauf mit sechs feinnuancierten Schichten – zeitsparend und komfortabel zur patientengerechten Ästhetik. Der generelle Trend weist dahin, häufiger monolithische Restaurationen zu fertigen. Interessant erscheinen hier neue oberflächenveredelnde Werkstoffe. Eine transparente Variante sprüht der Zahntechniker dünn auf gesinterte Zirkonoxidrestaurationen auf; das Spray diffundiert während des Brennvorgangs in die Oberfläche und geht dort einen intensiven Haftverbund ein – ohne zusätzliche Politur homogen, porenfrei und glatt nach dem ersten Brand. Neben Fräsen und Schleifen weiten sich die Möglichkeiten der Drucktechnik deutlich aus. Verschiedenste Schienen, Modelle, Bohrschablonen, indirekte Klebetrays, demnächst temporärer und definitiver Zahnersatz – fast alles lässt sich drucken.
Laborseitige Systeme bieten jetzt noch größere Bauplattformen und bei netzwerkfähigen Modellen eine komfortable Fernwartung. Indessen zieht das Tempo an – um einmal eine Größenordnung zu bekommen: Sieben Schienen in einer Stunde sind heute ohne weiteres machbar. Innovative Software ermöglicht sogar eine kombinierte additiv/subtraktive Fertigung: Wo es auf höchste Präzision ankommt, fräst die Maschine automatisch nach und schafft insgesamt eine gleichmäßig hohe Oberflächengüte. Heute sichtbare Horizonte liegen womöglich in Multi-Material-Druckern. Da mischen sich zum Beispiel sechs Kunststoffe zu einem neuen Compound mit definierten Wunscheigenschaften – zum Beispiel mit bestimmten Färbungen oder inneren Farbverläufen für eine auf den Patienten abgestimmte Gestaltung. Als Alternative zur Eigenfertigung steht dem Labor auch die Auslagerung an einen Zentral- bzw. industriellen Anbieter offen. Modelle können innerhalb kurzer Zeit geliefert werden, prompter Service unter Ausnutzung digitaler Technik. „Forward-planning” in der Endodontie Neue digitale Technik auch in der Endodontie: Nachdem sich Planungs-Tools zunächst in der Implantologie, in jüngster Zeit auch in der Kieferorthopädie etabliert haben, lässt sich nun eine Wurzelkanalbehandlung im Voraus simulieren, ihre Komplexität genauer einschätzen und letztlich Schritt für Schritt planen. Die Basis bilden ein 3D-Röntgenbild und innovative Software. Diese ermöglicht es dem Zahnarzt, den Verlauf der Kanäle auf dem Monitor durch Punkt-Markierungen bis zur Wurzelspitze nachzuziehen. Anschließend sieht er auf (zum Kanalverlauf orthogonalen) Schnitten, an welchen Stellen zum Beispiel Kalzifikationen vorliegen. Auch kann er virtuell Feilen vortesten. Alle aus der Simulation gewonnenen Informationen wird er bei der Durchführung der Behandlung berücksichtigen oder, als Allgemeinzahnarzt, gegebenenfalls eine Überweisung zum Spezialisten vornehmen. Teilwärmebehandelte Feilen helfen jetzt dabei, selbst stark gekrümmte Kanäle sicher und sauber aufzubereiten. Das steifere Material am Schaft erhöht die taktile Kontrolle bei der Navigation in die Wurzelkanäle, während das Instrument an seiner Spitze eine besonders hohe Flexibilität aufweist. Wird vor der Restauration der Krone ein Wurzelstift eingebracht, so können Varianten aus glasfaserverstärktem Komposit eine Kanalerweiterung verzichtbar machen. Denn ein solcher Stift lässt sich im gesamten Wurzelkanal ausbreiten, passt sich der natürlichen Anatomie an und ermöglicht damit eine substanzschonende Behandlung. Ein Gewinn in der Kombination: Mikroskopie & Diagnostik Weil es in der Endodontie stets auf besonders kleine Strukturen ankommt, bieten hier auch weiterentwickelte OP-Mikroskope interessante Möglichkeiten. Diese werden mit aktuellen Innovationen sogar verstärkt für andere zahnärztliche Teildisziplinen interessant. So gibt es jetzt die Ergänzung eines Mikroskops mit einem integrierten Fluoreszenz-Modus, was eine intraoperative Karies-Kontrolle während des Substanzabtrags ermöglicht. Das neu gestaltete Interface erlaubt eine Einhand-Steuerung. Die Chancen solcher Systeme erstrecken sich von der Endodontie bis in die konservierende Zahnheilkunde, in die Parodontologie und die Implantologie. Ebenso wachsen an anderer Stelle verschiedene Funktionalitäten zusammen. Kleine Lampen kombinieren eine Leuchte zur Aushärtung dentaler Materialien mit Fluoreszenz-Diagnostik. Sowohl bakterielle Aktivitäten wie kleinste Undichtigkeiten an Füllungsrändern werden sichtbar. Dies wird jedoch auch immer häufiger von vorneherein vermieden, unter anderem dank einem immer geringeren Polymerisationsschrumpf mit aktuellen Werten bis hinunter zu nur 0,85 %. Ein spezielles Problem in der Füllungstherapie stellt sich stets am endständigen Zahn: Die Matrize kann nicht gekeilt werden, und nach ihrer Entfernung müssen disto-zervikale Kompositüberschüsse aufwendig weggeschliffen werden. Die Lösung besteht in einer komplett manuell in Deutschland gefertigten Matrize, die sich mit einer Handbewegung in vier Sekunden bequem setzen lässt und disto-zervikal automatisch anliegt. Zielgröße = Primärstabilität Ist ein Zahn trotz der heutigen Möglichkeiten von Endodontie und konservierender Zahnheilkunde nicht mehr erhaltungswürdig, stellt immer häufiger eine implantologische Behandlung eine Option dar – die jetzt noch etwas interessanter wird: Neue Instrumente mit scharfen Arbeitsenden und dünnem Querschnitt ermöglichen eine gewebeschonende Extraktion und machen dadurch aufwendige Knochenaugmentationen häufiger verzichtbar. Neue Implantatsysteme schicken sich an, durch umfangreiche Fortentwicklungen die Primärstabilität deutlich zu erhöhen. Bestimmte Motoren verfügen jetzt über eine nicht-invasive Stabilitätsmessung, so dass sich der optimale Belastungszeitpunkt eines Implantats sicherer bestimmen lässt. Faserverstärkte Komposite sorgen als Suprastruktur-Material für eine „Stoßdämpferwirkung“ – ein Plus für Langlebigkeit und Bissgefühl. Entsprechende CAD/CAM-Blöcke lassen sich chairside verarbeiten, und dies jetzt sogar ohne separaten Brennvorgang. Bei der Verankerung implantatprothetischer Konstruktionen mit Locatoren (oft „Vollprothesen-Alternative“) erlaubt eine hohe Schwenkkapazität nun Divergenzen von bis zu 40 Grad zwischen zwei Implantaten. Und dank einem speziellen Haltemechanismus lässt sich die Prothese unter Verwendung eines hydraulischen Ablöse-Systems beim Recall-Termin besonders einfach lösen. Wird eine konventionelle schleimhautgetragene Ganzkieferprothese gewählt, so geben dem Zahntechniker jetzt Kaltpolymerisate mit vielen werkstofflichen Eigenschaften von Heißpolymerisaten ganz neue Möglichkeiten. Solche rosa Prothesenkunststoffe sind hochschlagfest, liegen gut am Gaumen des Patienten an und lassen sich dennoch im Labor komfortabel verarbeiten. Schritt zur Praxis und zum Labor von morgen Neue superscharfe Scaler, neue superkleine Miniimplantate, neue Keramiken zur presstechnischen Verarbeitung, neue Einbettmassen – diese Reihe ließe sich ohne weiteres fortsetzen. Die Branche steht mit analogen wie digitalen Innovationen in weiten Bereichen an der Spitze. Dies nutzten Zahnärzte und Zahntechniker beim Messerundgang auf der IDS in Köln zur gedanklichen Gestaltung ihrer Praxis und ihres Labors von morgen, dank des umfassenden Angebots der Aussteller auf einer fundierten Grundlage. Über die IDS
Die IDS (Internationale Dental-Schau) findet alle zwei Jahre in Köln statt und wird veranstaltet von der GFDI Gesellschaft zur Förderung der Dental-Industrie mbH, dem Wirtschaftsunternehmen des Verbandes der Deutschen Dental-Industrie e.V. (VDDI), durchgeführt von der Koelnmesse GmbH, Köln. 100 Jahre VDDI
Der VDDI feierte 2016 sein 100-jähriges Bestehen. Er wurde am 24. Juni 1916 als Verband der Deutschen Dental-Fabrikanten gegründet und veranstaltete 1923 die erste Dental-Schau. 1928 veranstaltete der VDDF die erste Internationale Dental-Schau. Heute umfasst der VDDI 200 Mitgliedsunternehmen mit 20.000 Mitarbeitern. Der Gesamtumsatz beläuft sich auf mehr als 5 Mrd. Euro, bei einer Exportquote von 62 Prozent. Anmerkung für die Redaktion:
Fotomaterial der IDS Köln finden Sie in unserer Bilddatenbank im Internet unter
www.ids-cologne.de
im Bereich „Presse“.Presseinformationen finden Sie unter
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Bei Abdruck Belegexemplar erbeten.